KREUZERonline, 19.11.2007
Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) bezieht im Interview mit KREUZERonline Stellung gegen den Tonsberg-Laden in der Innenstadt, in dem Kleidung der Marke Thor Steinar verkauft wird. Dessen Existenz sehe die Stadtverwaltung »sehr kritisch«, die Bemühungen des Berliner Vermieters Immovaria um eine Auflösung des Mietvertrages werde von der Stadtverwaltung »ausdrücklich begrüßt« und sogar »begleitet«.
KREUZERonline: Wie positionieren Sie sich als OBM zur Eröffnung des Tonsberg-Ladens in der Innenstadt und zu der Gefahr, dass sich dieser Laden zum Treffpunkt der rechten Szene entwickeln könnte?
BURKHARD JUNG: Ein solcher Laden gehört weder in die Innenstadt noch in das restliche Stadtgebiet von Leipzig. Darüber hinaus habe ich meine persönliche Position zur rechten Szene bereits mehrfach öffentlich dokumentiert. So gehöre ich zu den Unterzeichnern der Initiative »Aus der Geschichte lernen – heute rechtzeitig handeln!«, die sich für ein Verbot der NPD ausspricht. Die Initiative »Courage zeigen« unterstütze ich bereits seit Jahren. Zudem unterstütze ich eine Initiative, die im Rahmen des Stadtfestes 2008 eine Kampagne gegen Rechtsradikalismus führen wird.
KREUZERonline: Was kann die Stadt gegen einen solchen Laden unternehmen?
JUNG: Die Existenz des Tonsberg wird durch die Stadtverwaltung sehr kritisch gesehen. Die Bemühungen der Berliner Immobilienfirma Immovaria hinsichtlich einer Auflösung des Mietverhältnisses für den Laden Tonsberg werden insofern ausdrücklich begrüßt und soweit möglich begleitet. Es ist offensichtlich erklärtes Bestreben der rechtsextremen Szene, Neonazi-Labels im innerstädtischen Bereich anzusiedeln. Dadurch soll ein deutliches Signal gesetzt werden, die Mitte der Gesellschaft erreicht zu haben. Ungeachtet der Tatsache, dass Vertragsgestaltungen zwischen Vermieter und Mieter zivilrechtlicher Art sind, ist es denkbar, dass dem interessierten Vermieter Verfahren bzw. Handlungsstrategien an die Hand gegeben werden, mit denen Vermietungen an rechtsextremistische Gruppen oder Personen ausgeschlossen werden bzw. verdeckte rechtsextremistische Mietinteressenten im Vorfeld erkennbar gemacht werden können. Darüber hinausgehende Maßnahmen durch die Stadtverwaltung, die auf Anbahnung, Abschluss oder Beendigung von vertraglichen Mietverhältnissen außerhalb der Stadtverwaltung abzielen, sind ordnungsrechtlich nicht möglich.
KREUZERonline: Das Aktionsbündnis »Ladenschluss« wirft der Stadtverwaltung und Ihnen vor, es sei »beschämend«, dass es zu diesem Thema noch keine Stellungnahme gegeben hätte. Was ist zu diesem Vorwurf zu sagen?
JUNG: Dieser Vorwurf trifft nicht zu. So habe ich mich bereits mehrfach öffentlich, unter anderem in der Bürgersprechstunde am 2. Oktober und in einem Pressegespräch nach der Dienstberatung Ende September zum Thema im dargestellten Sinn geäußert. Und in der Stadtratssitzung November gab Bürgermeister Heiko Rosenthal eine umfassende Antwort auf eine entsprechende Anfrage.
KREUZERonline: Ist zu diesem Brief eine Antwort geplant?
JUNG: Ja.
KREUZERonline: Wie stehen Sie zu dem Vorschlag des Aktionsbündnisses, sämtliche Einnahmen, die der Stadt durch den Tonsberg-Laden zufließen, für die Unterstützung antifaschistischer Projekte zu verwenden?
JUNG: Einnahmen entstehen gegebenenfalls durch die Gewerbesteuer. Die entsprechende Forderung des Aktionsbündnisses betrachte ich als eine pointierte Zuspitzung. Tatsächlich unterstützt die Verwaltung bereits seit Jahren Projekte gegen Rechtsextremismus und hat eine eigene Fachstelle Extremismus- und Gewaltprävention eingerichtet. Wir beteiligen uns außerdem am Bundesprogramm »Jugend für Vielfalt, Demokratie und Toleranz – gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus«.
KREUZERonline: Wie hoch sind die oben genannten Einnahmen?
JUNG: Eine genaue Benennung kann nicht erfolgen, hier gilt das Steuergeheimnis.
Interview: Thyra Veyder-Malberg