Der folgende Beitrag ist eine erweiterte Fassung unseres Redebeitrags auf der von alea organisierten Kundgebung “Re:organisiert die Antifaschistische Aktion!” am 25.05.2025. [1]
Wir stehen heute vor dem Felsenkeller, ein Gebäude mit Geschichte, wie viele sagen.

Fotografie Felsenkeller um 1930; Quelle: Statdtgeschichtliches Museum Leipzig
Ein Teil dieser Geschichte spielte sich auch in der Leipziger Arbeiter*innenbewegung ab. Ein Umstand mit dem der Ort heute nur zu gern nach außen tritt, denn auf der Seite des Felsenkellers steht unter anderem folgendes:
„Der große Festsaal diente darüber hinaus über viele Jahre der Leipziger Arbeiterbewegung als Versammlungslokal. Hier sprachen beispielsweise am 12. Februar 1905 Karl Liebknecht zur russischen Revolution, am 14. Mai 1920 Clara Zetkin zu den Aufgaben der KPD bei den bevorstehenden Landtagswahlen und der KPD-Vorsitzende Ernst Thälmann auf Wahlkundgebungen am 25. Oktober 1926 und am 19. Juni 1930 zu den sächsischen Landtagswahlen. Besondere Wirkung entfaltete Rosa Luxemburg – die bereits am 1. Dezember 1911 hier aufgetreten war – am 27. Mai 1913 mit ihrer berühmte Rede „Die weltpolitische Lage“, in der sie feststellte: „Solange das Kapital herrscht, werden Rüstungen und Krieg nicht aufhören.“ Bei der Befreiung Leipzigs vom Faschismus am 18. April 1945 durch US-Truppen wurde vor dem Felsenkeller ein amerikanischer Panzer zerstört.“

Der Felsenkeller als Treffort der Arbeiter*innenbewegung um 1932; Quelle: Stadtgeschichtliches Museum Leipzig
Die Phase zwischen 1933 – 1945 und dass während des Zweiten Weltkriegs Zwangsarbeiter*innen in dem Gebäude untergebracht waren [2], wird wie in jeder guten deutschen Familien-, Firmen- und Organisations-Geschichte ausgespart. Soweit so normal.
Hingegen hat Rosa eine eigene Bibliothek im Felsenkeller bekommen, was ja auch nichts schlechtes ist. Es zeigt jedoch, dass man vor allem als historisch linker Ort wahrgenommen werden möchte. Man bemüht sich um das Image eines alternativen Veranstaltungsortes im Leipziger Westen.
Wie weit jedoch dieses Möchtegern-Image und Wirklichkeit auseinander liegen, zeigt ein Blick auf den diesjährigen Veranstaltungskalender:
Januar 2025: Konzert mit der Neofolk-Band „Death in Rome“, die sich als „unpolitisch“ erklärt, aber auf deren Cover für den Song „Barbie Girl“ der Nazi Klaus Barbie prangt. Der Bandname ist eine direkte Anspielung auf die einschlägig bekannte Band „Death in June“. [3] Während 2023 Konzerte von „Death in Rome“ in Berlin und im Leipziger Bandhaus abgesagt wurden [4], findet es im Felsenkeller statt. Auch beim diesjährigen WGT wird „Death in Rome“ auftreten. Neben ihrem „offiziellen“ Konzert am 06.06. in der Kuppelhalle im Volkspalast, lädt die Band am 08.06. zu einem „Klassentreffen“ auf dem Südfriedhof.

Cover des Death in Rome Songs „Barbie Girl“

Werbung für das „Klassentreffen“ während des WGT 2025; Quelle: Facebook
Im Februar 2025 gibt es ein Konzert mit dem „Elektro-Performance-Kollektiv“ HGich.T aus Hamburg. Nach einer schweren sexuellen Gewalttat 2019 im Conne Island [5] von einem Kollektivmitglied ist es das erste Konzert wieder in Leipzig. Für den Felsenkeller scheint der Übergriff, das Gerichtsverfahren und die mangelnden Auseinandersetzung des Kollektivs nicht von Belang.
März 2025: Veranstaltung mit dem rechten „Intellektuellen“ und Hetzer Ulf Poschardt im Rahmen der Buchmesse zu seinem Buch „Shitbürgertum“[6] .
April 2025: Beim „Oi! The Blast“-Festival spielen Trabireiter, jene Nachfolgeband von Brutale Haie aus Erfurt, eine der ersten ostdeutschen Fascho-Bands, die sich noch 1988 in der DDR gründete. Trotz deutlicher musikalischer Schwächen erlangte die Band auf Grund ihres DDR-Hintergrundes einen gewissen Kultstatus in der Bundesdeutschen Neonaziszene. Dass die Band Brutale Haie bis zur Auflösung im Jahre 1998 personell deckungsgleich mit der Band Trabireiter war, die sich 1994 in Erfurt gründete, spielt bis heute bei Veranstalter*innen, wie im Felsenkeller, keine Rolle. Bereits 2009 berichtete Chronik.le von einem Konzert:
„Bei einem privat organisierten Rockkonzert in Colditz trat neben der lokalen Metalband „Triekonos“ die Oi-Band „Trabireiter“ auf. Unter den rund 200 Besucher*innen war nach Augenzeug*innen ein „in dieser Dimension noch nicht erlebt[er]“ Teil von neonazistisch eingestellten Personen. Neben der vor allem von Neonazis getragenen Modemarke „Thor Steinar“ fanden sich T-Shirts des Nazi-Versands und Musik-Labels „Frontrecords“ aus Wurzen, „Hatecore is more than Music“, „Werewolf“ oder „Hammerskin Nation today, tommorow, forever“.“ [7]

Flyer für das Oi! The Blast Festival im Felsenkeller am 12.04.2025
Mai 2025: Konzert mit Goitzsche Front. Zu dieser Band gibt es ein eigenes Buch aus Leipzig mit dem Titel: „Tief in der Grauzone. Der Fall Goitzsche Front und das Identitätsangebot »Ossi«“ [8]
Darin steht:
„Für Goitzsche Front wird »Identitätsrock« als die passende Zuschreibung genutzt. Anhand diverser Kategorien wie »Heimatbezug«, Feindbilder, Identität als Ostdeutsche, Ungleichheitsideologie und Männerwelten wird herausgearbeitet, dass die Band keinesfalls »unpolitisch« ist, wie sie es so gern versucht zu propagieren.“
November 2025: In eine ganz ähnlich Kerbe nur andere Musikrichtung schlägt der Musiker Schillah. Auch er verkauft sich als unpolitisch. Doch mit Songs wie „Es Eskaliert“ oder Zeilen wie „Nichts wallah wallah“ wendet er sich vor allem an ein jüngeres ostdeutsches und nicht selten rechtes Publikum. Hierzu äußert er sich in seinen Texten immer wieder chauvinistisch, sexistisch und ableistisch. Nachdem Schillah nach antifaschistischer Kritik sein Konzert Ende April im Felsenkeller abgesagt hat und sich in der Opferrolle suhlt, soll das Konzert im November nachgeholt werden.
Wir ihr seht fällt der Felsenkeller in diesem Jahr mit einer Vielzahl an widerlichen Veranstaltungen auf, die auch bereits Anwohner*innen und Antifaschist*innen dazu veranlasst haben sich an den Laden zu wenden. In Zeiten in denen Rechtsrockkonzerte seltener werden, sind es vor allem Grauzonen- und rechtsoffene Veranstaltungen, die für die extreme Rechte Identität und Gemeinschaft bieten. Das ist auch nicht verwunderlich, werden in den Texten doch die selben Sehnsüchte bedient, nur weniger explizit als im klassischen Rechtsrock.
Es stellt sich die Frage: ist der Felsenkeller ein rechtsoffener Laden oder geht es nur darum möglichst Geld zu verdienen, völlig egal wer auftritt und welches Publikum kommt? Das müssen die Betreiber*innen beantworten. Damit sie sich jedoch genötigt fühlen auf Kritik zu reagieren, braucht es Protest. Antifaschist*innen sollten daher die Augen offenen halten und intervenieren. Allerspätestens im Januar 2026, wenn der nächste rechte Neofolk-Abend stattfindet und wieder einmal faschistische Ästhetik und nationalistische Inhalte bedient werden.
Angekündigt sind unter anderem Darkwood aus Dresden, die sich ihrer eigenen Aussage nach aus der Notwendigkeit gegründet haben, „der Liebe zu ihrem Heimatland Ausdruck zu verleihen“, denn diese Liebe sei „gezeichnet von Schuldgefühlen“. Mit einer ihrer ersten Veröffentlichungen beteiligte sich „Darkwood“ 2001 an dem Sampler „Codreanu – Eine Erinnerung an den Kampf“, der nichts anderes als eine Hommage an den rumänischen Faschisten ist. Mit Darkwood und weiteren Vertreter*innen des rechten Neofolks hat sich das Ladenschlussbündnis bereits mehrfach auseinandergesetzt. [9]
Auch der für Januar angekündigte Künstler Espacio Vital bezieht sich nicht nur namentlich auf die völkische Ideologie des „Lebensraums“, sondern zeigt bereits online seine Vorliebe für Symboliken des Nationalsozialismus.

Rechter Neofolk-Konzertabend mit Darkwood, Spiritual Front, Der Arbeiter und Espacio Vital im Felsenkeller am 31.01.2026; Quelle Facebook

Espacio Vital mit abgewandeltem SS-Totenkopf (Death in June) und Hakenkreuz-ähnlichem Tattoo sowie der im NS verwendeten „Odal-Rune“ auf dem Finger; Quelle: Instagram
Falls ihr aus der Nachbar*innenschaft oder darüberhinaus dagegen aktiv werden wollt, wendet euch gerne an das Ladenschlussbündnis. Rechte Raumnahme schreitet dort voran, wo sie nicht auf Widerstand trifft. Dies betrifft offensichtlich auch solche Orte wie den Felsenkeller.
Fußnoten
1 https://www.alea-le.org/startpage/bericht-zur-kundgebung-reorganisiert-die-antifaschistische-aktion/
2 https://www.zwangsarbeit-in-leipzig.de/karte
3 https://radiocorax.de/von-crisis-zu-death-in-june-grauzone-im-neofolk/
4 https://chronikle.org/ereignisse/rechtes-konzert-in-leipziger-bandhaus
5 https://conne-island.de/nf/261/5.html
6 https://www.campact.de/presse/mitteilung/20250403-pm-poschardt/ / https://www.nd-aktuell.de/artikel/1140637.rechte-in-medien-schlipsnazis-sind-auch-faschisten.html
7 https://chronikle.org/ereignisse/hohe-nazi-praesenz-rock-open-air-colditz