Leipziger Internet Zeitung, 16.11.2007
Schwerfällig bewegt sich die Maschinerie. Zu lange haben zu viele Leute ein Auge zugedrückt, wenn in Sachsen und auch speziell in Leipzig da und dort auf der rechtsextremistischen Klaviatur gespielt wurde. Man hielt sich nobel zurück. Auch wenn die nun historischen Fußmärsche eines Christian Worch in Leipzigs Straßen Proteste auslösten und Polizeihundertschaften das Häuflein der National-Marschierer eskortieren musste durch Sitzblockaden und Protestketten. Ein Szene-Laden hat den Protest erneut geschürt.
Und das Bündnis „Ladenschluss“, das sich formierte, um den unverhofft in der Richard-Wagner-Straße eingemieteten Thonsberg-Laden in die Kritik zu nehmen, wegzutrommeln, fortzudemonstrieren, musste tatsächlich erst einen Brief schreiben an die Verwaltungsspitze, um ein klares Bekenntnis zu bekommen. Das gab am Mittwoch der für Umwelt, Ordnung, Sport zuständige Dezernent, Heiko Rosenthal (Linkspartei) auf konkrete Anfrage der Linksfraktion im Stadtrat ab. Er äußerte seine „Bedenken“ in Bezug auf die Eröffnung der „Thor Steinar“- Filiale in der Richard-Wagner-Straße. Der Vermieter würde, sagte er, in allen Bestrebungen zur Beendigung des Mietverhältnisses unterstützt.
Dazu erklärt Stephanie Kesselbauer, Pressesprecherin des „Ladenschluss“-Bündnisses: „Endlich bezieht die politische Klasse dieser Stadt zur Eröffnung eines Life-Style-Ladens von und für Rechtsorientierte Stellung. Dem verspäteten Bekenntnis müssen nun Taten folgen. Die Ankündigung der Stadt, Vermieter, Geschäfts- oder Gaststättenbetreiber über rechte Strukturen, Codes oder Tarnvereine aufzuklären ist ein solcher erster Schritt.“
Aber eben nur ein erster. Konsequenz gehört schon dazu, wenn ein paar Strippenzieher ein durchaus politisches Interesse haben, rechtslastige Präsenz im Alltag des Landes zu etablieren. Es geht um Einfluss und Macht. Gerade auch deshalb, weil ein ganz Teil Politiker glaubt, das Problem durch Niederhalten kleinreden zu können. Das Ergebnis sind durchaus bedrohte demokratische Strukturen und Spielregeln. Was nicht nur auf die rechtsradikale Szenerie zutrifft. Aber gerade auch auf diese. Und da muss auch der Fußballclub Lok Leipzig, der das Problem lange ausgesessen hat, noch ein paar Hausaufgaben machen.
Das Tragen von Thor-Steinar-Bekleidung durch Ordner des Fußball-Vereines Lok Leipzig war ein weiterer Schwerpunkt der „Ladenschluss“-Anfrage an den OBM. Auch beim Spiel der zweiten Mannschaft von Lok Leipzig gegen den Verein Roter Stern trabten einige Ordner fröhlich in der in einigen Bundesländern indizierten Modemarke auf. Und das, obwohl der Verein in Folge zahlreicher Vorfälle in jüngster Vergangenheit erst im Oktober seine Stadienordnung um das Verbot „rassistischer, fremdenfeindlicher, gewaltverherrlichender, diskriminierender sowie rechts- und/oder linksradikaler“ Symboliken erweitert hatte. Auch wenn die Marke in Sachsen nicht verboten ist – Thor Steinar gehört dazu. Der Betreiberverein des Zentralstadions schloss sich diesem Schritt dieser Tage an.
Dazu Stephanie Kesselbauer: „Ein explizites Verbot von Thor-Steinar-Bekleidung in den Leipziger Fußball-Stadien wäre zu begrüßen. Auch der sächsische Verfassungsschutz belegt eine rapide angestiegene Präsenz gewalttätiger Rechtsextremisten im Fußballmilieu. Wer aber das Nazi-Problem zum ‚Extremismus‘-Problem macht, setzt Rassismus, Antisemitismus und Homophobie mit humanistischen, weltoffenen Einstellungen gleich. Die Aussage des Ordnungsbürgermeisters in der Stadtratssitzung am 14. November, dass Politik nichts auf dem Fußballplatz zu tun hat, können wir nicht zustimmen: Das Bekenntnis gegen rechts muss überall und zu jeder Zeit Platz finden. In diesem Sinne ist das Stadionverbot für linke Symboliken, wie das der antifaschistischen Kampagne ‚Let’s fight white pride‘ ein Schritt in die falsche Richtung.“
Das „Ladenschluss“-Aktionsbündnis gegen Nazis plant unterdessen weitere Aktionen: Für den 24. November wird ein Kulturevent vorbereitet. Im Dezember startet eine „Weihnachtsgeschäft“-Kampagne. Dass mit dem Bekenntnis des Ordnungsbürgermeisters der Streit um den „Thonsberg“-Laden nicht ausgestanden ist, zeigt das Beispiel Magdeburg: Der Betreiber genießt den Gang vors Gericht. Er verlangt eine „Abfindung“ in sechsstelliger Höhe. Auch so kommt das rechte Netzwerk zu Geld.