Die in kürzester Zeit auf die Beine gestellte antifaschistische
Demonstration gegen die wachsende Nazibedrohung in Leipzig-Ost am 12. Januar ist mit fast 600 Teilnehmern erfolgreich verlaufen. Am selben Tag konnten die dem Netzwerk der „Freien Kräfte“ zugehörigen Nazis ihren gespenstischen Aufmarsch relativ unbehelligt vollziehen. Dazu Juliane Nagel, Anmelderin der Demonstration: „Die antifaschistische Demonstration war ein voller Erfolg und hat zumindest ein Zeichen gegen die, die Menschenverachtung propagieren und mit billiger, wenn auch gefährlicher Sozialdemagogie auftreten, setzen können.
Die in kurzer Zeit mobilisierten 300 Nazis dagegen müssen die Zivilgesellschaft und die politisch Verantwortlichen dieser Stadt nachdenklich stimmen. Nicht erst seit gestern sind vor allem im Osten der Stadt vermehrt rechte Aktivitäten zu verzeichnen, die von volksverhetzender Propaganda im öffentlichen Raum bis zur Bedrohung von Menschen und ihren Wohnungen reichen. Zur heutigen Demonstration kamen auch „freie Nationalisten“ aus Bayern oder Brandenburg — ein Indiz für die gute Vernetzung auch der Leipziger „Freien Kräfte“-Strukturen.
War es ein eklatanter Fehler der zuständigen Behörden, die Zwischenkundgebung der Nazis gerade vor dem Haus zuzulassen, das im November 2007 mit rechten Parolen und Leuchtmunition-Beschuss bedroht wurde, setzte die Polizei am heutigen Tag noch eins drauf. So drangen Beamte widerrechtlich in das Haus ein, stellten den Strom ab und versuchten sogar in Wohnungen zu gelangen. Diese Vorfälle bedürfen der Aufklärung und zumindest der Entschuldigung bei den Betroffenen!
Wenn man zudem bedenkt, dass die Polizei damit kreativen Widerstand der Hausbewohner, die sich durch Musik vor der Nazipropaganda schützen wollten, rabiat unterbunden hat und dazu noch die konsequente Beräumung der spontanen, friedlichen Sitzblockaden von Nazigegnern betrachtet, dann kommt man schnell ins Grübeln: null Toleranz gegenüber zivilgesellschaftlichem Protest, alle Kraft für einen unbehelligten Naziaufmarsch andererseits?
Dieser 12. Januar war ein trauriger Tag für die so gern als weltoffen und tolerant gefeierte Stadt Leipzig.
In diesem Sinne sind von Seiten der Stadt Taten gefragt. Die selbstorganisierten antifaschistischen Strukturen werden dem rechten Spuk jedenfalls nicht wort- und tatenlos zusehen.