Am 13. und 14. Februar mobilisieren verschiedene Nazigruppen europaweit zu den erfahrungsgemäß großen Aufmärschen nach Dresden. Verschiedene Bündnisse rufen zu Gegenveranstaltungen auf.
Bereits seit dem Ende der 90er Jahre thematisieren die Nazis die Bombardierung Dresdens durch die Alliierten, die vom 13. bis zum 15. Februar 1945 im Zuge der Beendigung des Naziterrors in Europa stattgefunden hat. Inhaltlich knüpfen die Nazis bei ihren als “Trauermarsch” angemeldeten Demonstrationen dabei an eine lange geschichtsrevisionistische Tradition in Dresden an. Schon Goebbels wusste Dresden als Gräuelpropaganda zu inszenieren, die Alliierten als “Anglo-Amerikanische Luftgangster” zu bezeichnen und die Totenzahlen auch vor Pressevertretern aus den neutralen Staaten in die Höhe zu lügen. In einer völligen Verklärung der Tatsachen wurde durch das Konstrukt der “unschuldigen Kulturstadt Dresden” – immerhin Festungs- und Garnisonsstadt, wichtiger Infrastrukturpunkt und Rüstungsstandort – und der entgegengesetzten Behauptung eines “alliierten Terrorangriffs” versucht von der deutschen Barbarei abzulenken. Vor dem Hintergrund des kalten Krieges wurde die Mär von den “Luftgangstern” mit ihren “Terrorangriffen” auch in der DDR aufrechterhalten. Auch die zahlreichen wissenschaftlichen Publikationen zum Thema Dresden konnten mit der Verklärung und den Legenden rund um die Bombardements auch in bundesrepublikanischer Zeit kaum brechen.
In diesem Zusammenhang ist es kaum verwunderlich, dass auch im “zivilgesellschaftlichen” Dresden und im Parteienmainstream starke geschichtsrevisionistische Einschläge zu finden sind.
Bereits 2008 fand eine “Spaltung” im Nazilager statt. Während parteifreie Nazis aus dem Umfeld des “Freien Netzes” nicht auf die Demonstration am 13. Februar verzichten wollten und einen Aufmarsch mit ca. 1000 Teilnehmer_innen durchführten, hofften die “Junge Landsmannschaft Ostdeutschland” als auch die NPD wesentlich mehr Personen für den 16. Februar (da Samstag) mobilisieren zu können, was sich mit einer Teilnehmer_innenzahl von ca. 5500 Nazis dann auch bestätigte.
Gegenbündnisse
Vorbereitungskreis “Keine Versöhnung mit Deutschland”
“Keine Versöhnung mit Deutschland. Deutsche Täter_innen sind keine Opfer. Naziaufmärsche verhindern!“
Der Vorbereitungskreis setzt sich ebenfalls aus verschiedenen Antifagruppen zusammen, grenzt sich aber inhaltlich scharf vom “bürgerlichen Gedenken” ab. Vom Vorbereitungskreis werden unter anderem eine Kundgebung mit anschließendem Konzert am 13.2. auf dem Dr.-Külz-Ring als auch eine antifaschistische Kundgebung am 14.2. organisiert. Der Vorbereitungskreis wendet sich in seiner Positionierung gegen jeden Geschichtsrevisionismus und ruft ebenfalls zu Aktivitäten gegen die Naziaufmärsche auf. Allerdings wird auch das bürgerliche Gedenken mitsamt der Konstruktion eines “deutschen Opferkollektivs” scharf kritisiert, da “die Verwirklichung von Judenmord, Volksgemeinschaft und Totalem Krieg kein Geheimprojekt einer Clique von Parteinazis war.” sondern “das öffentlich formulierte und unter allgemeiner Zustimmung und Beteiligung vorangetriebene Projekt einer ganzen Gesellschaft.”
Bündnis “No pasarán!”
“¡No pasarán! Kein Ort für die Verdrehung der Geschichte! “
Das Bündnis “No pasarán!” (spanisch: “Sie kommen nicht durch!”) setzt sich aus verschiedenen antifaschistischen Gruppen und Einzelpersonen zusammen. Am Samstag will sich das Bündnis 11 Uhr zu einer großen antifaschistischen Kundgebung am Hauptbahnhof treffen. Außerdem werden von dieser Gruppe Infotelefone und ein Handyticker organisiert. Inhaltlich grenzt sich das Bündnis nicht nur von Nazis ab, sondern übt auch vorsichtige Kritik am “bürgerlichen Gedenken”. Einerseits formuliert “No Pasarán”, dass “mit dem bürgerlichen und stadtoffiziellen Gedenken an die Zerstörung des Stadtzentrums erinnert, den vielen Toten gedacht und das Leid der Überlebenden gewürdigt werden soll”, andererseits soll persönliche Trauer nicht zu “ideologischer und/oder politische Trauer” werden.
Bündnis “Geh Denken”
“Ein klares Stopp zum Rechtsextremismus – Geh denken!”
Das “Geh Denken” Bündnis setzt sich vorrangig aus Gewerkschafts-, Partei- und anderen zivilgesellschaftlichen Kreisen zusammen. Das Bündnis erwartet rund 15.000 Teilnehmerinnen zu seinen Demonstrationen. Derer soll es am Samstag gleich 3 Stück geben, die zusammen als “Sternmarsch” funktionieren und sich 14:30 Uhr an der Synagoge zu einer Kundgebung treffen sollen. 16:00 Uhr veranstaltet das Geh Denken Bündnis auf dem Theaterplatz zudem ein Konzert unter dem Motto “Laut gegen Nazis”. Für den 13. Februar hat das Bündnis keine Aktionen vorgesehen. Inhaltlich positioniert sich das Bündnis “gegen Rechtsextremismus” und die Nazidemonstrationen. Eine Positionierung zum bürgerlichen Gedenken oder einer Kritik daran findet nicht statt.
Abläufe am 13. & 14.2.09
13.2. – Nazis
18:00 Uhr – nähe Hauptbahnhof – Nazitreffpunkt
danach: Demonstration
13.2. – Gegenaktivitäten
16:00 Uhr – Rathaus “Goldene Pforte”/Trümmerfrau, Nähe Pirnaischer Platz – Treffpunkt und Infos für AntifaschistInnen (No pasarán!)
17:00 Uhr – Dr.-Külz-Ring/Altmarktgalerie – Kundgebung und Konzert mit Egotronic und Frittenbude (Vorbereitungskreis)
Info: Das Dresdner Ordnungsamt versucht Aktuell die Gegenveranstaltungen (außer Geh Denken) zu verlegen – teilweise sogar in die Neustadt (anderes Elbufer). Die Bündnisse wehren sich jedoch juristisch dagegen.
sonstiges
16:00 Uhr – Synagoge, Nähe Rathenauplatz – Kundgebung und Mahnwache (Parteien, Kirche, Zivilgesellschaft)
14.2. – Nazis
11:00 Uhr – Hauptbahnhof – Nazitreffpunkt
12:00 Uhr – Hauptbahnhof – Geplanter Start der Nazidemonstration
14.2. – Gegenaktivitäten
11:00 Uhr – Hauptbahnhof – Demonstration gegen den Naziaufmarsch (No pasarán!)
12:00 Uhr – Dr.-Külz-Ring/Altmarktgalerie – Antifaschistische Kundgebung (Vorbereitungskreis)
13.00 Uhr – Goldener Reiter – Start Route I der Sterndemonstration (Geh Denken)
13:00 Uhr – Neustädter Bahnhof – Start Route II der Sterndemonstration (Geh Denken)
13:00 Uhr – World Trade Center – Start Route III der Sterndemonstration (Geh Denken)
14.30 Uhr – Synagoge – Zwischenkundgebung von Route I (Geh Denken)
15:00 Uhr – Ostraallee/Könneritzstraße – Zwischenkundgebung der Routen II und III (Geh Denken)
16:00 Uhr – Goldener Reiter – Abschlusskundgebung Route I, II und III (Geh Denken)
Info: Das Dresdner Ordnungsamt versucht Aktuell die Gegenveranstaltungen (außer Geh Denken) zu verlegen – teilweise sogar in die Neustadt (anderes Elbufer). Die Bündnisse wehren sich jedoch juristisch dagegen.
sonstiges
10:00 Uhr – Synagoge – Sabbatgottesdienst
11:00 Uhr – Elbcenter, Leipziger Strasse/Bürgerstrasse – Vorabanlaufpunkt für die Geh Denken Aktionen (Geh Denken)
11:00 Uhr – Pavillion am Sachsenplatz – Vorabanlaufpunkt für die Geh Denken Aktionen (Geh Denken)
16:00 Uhr – Theaterplatz – Konzert “Laut gegen Nazis” (Geh Denken)
21:00 Uhr – Chemiefabrik, Petrikirchstr. 5 – Afterparty mit Feine Sahne Fischfilet (Skapunk), Total Konfus (Punk), Kaput Krauts (Punk), The toten Crackhuren im Kofferraum (Female Electro), Frittenbude (Electro), Egotronic (Electro) (No pasarán!)