Trotz Information über den politischen Hintergrund der Band und Druck von Initiativen und Akteuren der Stadt hat der Club „Lagerhof“ das Konzert mit der rechten Hooliganband „Kategorie C“ nicht abgesagt. Protest gegen das Rechtsrockkonzert war nötig!
Im Nachgang ….
* Interview Radio Corax (16.3.2009) >>>
* Text-Beitrag: „Club Lagerhof“, „Kategorie C“, „Blue Caps“ und JN/NPD: Beobachtungen eines „unpolitischen“ Abends (14.3.2009)
Auch Nazis dürfen mal „unpolitisch“ sein. Freitagabend im „Club Lagerhof“, einem Veranstaltungsort mitten im Leipziger Zentrum, direkt am Hauptbahnhof, spielte die bekannte „unpolitische Band“ „Kategorie C – Hungrige Wölfe“. Die genaue Zahl der BesucherInnen ist noch unbekannt; jedoch lockt die Band ein bestimmtes Publikum. AugenzeugInnen erkannten einige Gesichter der lokalen Neonaziszene: so war der Stützpunktleiter der NPD-Nachwuchsorganisation JN Leipzig mit einigen „Kameraden“ der Neonazigruppierung „Freie Kräfte Leipzig“ anwesend. Die den „Freien Kräften“ nahestehende Hooligangruppierung „Blue Caps“ erschien mit einem Transparent: „LOK-Fans gegen Links“. Soviel zum „unpolitischen“ Hintergrund der Veranstaltung in Leipzig.
Die Band „Kategorie C“ lockt zuerstmal gewaltbereites Fußball-Publikum. Die Polizei führt in der Datei „gewaltbereite Fussballfans“ in der „Kategorie C“ „Fans mit überwiegendem bzw. ausschließlichem Interesse an der Suche nach potenziellen Gegnern für gewalttätige Auseinandersetzungen“. Diese Fußball-Gewalt mag tatsächlich erstmal unpolitisch sein. Die Leipziger Fußballszene ist dafür aber das klassisch-schlechte Beispiel. Die Politisierung einiger Fangruppierungen ist bekannt. Die berüchtigte, weil äußerst gewaltaffine Hooligantruppe „Blue Caps LE“ stellen ihre handfesten Dienste gern den „Jungen Nationaldemokraten“ zur Verfügung, sie bewachen auch mal das „NPD-Zentrum“ in Leipzig Lindenau. Und die Nachwuchs-NPD-Aktivisten gehn mit „ihren“ Fußballfans halt mal auf ein Konzert.
Auch die Band „KC – Hungrige Wölfe“ hat es schwer, so völlig „unpolitisch“ rüberzukommen – trotz besten Willens. Jedoch scheint hinter dem Versuch eher kommerzielles Interesse als eine wirklich (un)politische Motivation zu stecken; in der Hinsicht scheinen die „Bösen Onkelz“ das Vorbild zu sein, nur haben die sich vergleichsweise glaubhaft von ihrer Nazivergangenheit distanziert. Die Versuche der „Hungrigen Wölfe“ hingegen reichen nicht so richtig aus, um die braunen Westen der Band-Mitglieder weiß zu waschen. Schon der Blick auf das Online-Lexikon Wikipedia reicht für folgende Feststellung: Mit dem Label „unpolitisch“ ist bei der Band „Kategorie C“ gemeint: gewaltverherrlichend, rassistisch, völkisch und nationalistisch. Genau diese Gemengelage ließ sich gestern beim Konzert im „Club Lagerhof“ hervorragend beobachten; das einschlägige Publikum jedenfalls hält die Band wohl für ausreichend (un)politisch.
Natürlich ist es nicht ausgeschlossen, dass auch Nazis mal „in Ruhe“ feiern gehen. Nur merkt das dann wohl niemand. Wenn sie alle gemeinsam zum Konzert pilgern, scheint neben dem Abhotten das „unpolitische“ nicht ganz hinten runterzufallen. Hier übrigens liegt der „hungrige Wolf“ begraben: solcherlei Freizeitspaß eignet sich hervorragend, um Netzwerke zu festigen und neue Verbindungen zu knüpfen: „Na, auch national und sozial, aber noch kein Aktivist? Dann komm doch mal bei uns vorbei! Neben Konzertbesuchen gehen wir auch gern gemeinsam Wandern, singen und basteln gern!“ Undsoweiter undsofort.
Letzter Punkt: der Veranstaltungsort. Der „Club Lagerhof“ ist der wahrlich „unpolitische“ Akteur an diesem Abend. Normalerweise findet sich hier die tanzwütige Leipziger Technojugend ein, der Betreiber entblödet sich aber auch nicht, die ebenfalls nicht ganz „unpolitische“ Band „Deutsch-Amerikanische Freundschaft“ auftreten zu lassen. Ihm sei in diesem Fall einfach mal rein kommerzielles Interesse unterstellt. Der „Kategorie C“-Auftritt am Freitag war bereits der zweite an diesem Ort; der erste muß wohl recht erfolgreich für den Betreiber gelaufen sein. Der gehört übrigens zu den Wenigen, die die die Mär von der unpolitischen Fußballband weitertragen. Dies zumindest beteuerte er fast genervt gegenüber dem Antinazi-Bündnis „Ladenschluss“ in einem Telefongespräch. Das Bündnis hatte sich in einer Pressemitteilung am Donnerstag an die Öffentlichkeit gewandt, nachdem der Clubinhaber auf weitere Kontaktversuche nicht mehr reagierte. Auch interessant: daraufhin bewegte sich einiges in der Stadtverwaltung; offensichtlich sind derlei Konzerte im Zentrum der „weltoffenen“ Stadt auch da nicht gern gesehen. Nur war es etwas zu spät, um mit Nachdruck auf den Clubbetreiber zu wirken. Eine kleine Kundgebung des Bündnisses „Ladenschluss“ am Rande des Lagerhofs sorgte immerhin für massive Polizeipräsenz, so ganz unbeobachtet ging der „unpolitische“ Abend nicht über die Bühne.
Dieses Konzert ist ein Beispiel, es zeigt exemplarisch einige politische Problemlagen hier in Leipzig.
Die Leipziger Nazi-Szene festigt sich. Das gestand zuletzt erst Ordnungsbürgermeister Rosenthal. Es bedarf in Leipzig einer aktiven Zivilgesellschaft, um dem entgegen zu treten.
Das „Kategorie C“-Konzert am Freitagabend ist ein Moment dieser Verfestigung. Und genau hier ist diese Zivilgesellschaft gefragt. Protest gegen Nazi-Aktivitäten findet statt; aber wird von Wenigen getragen; in dem Fall standen ungefähr fünfzig Leute am Hauptbahnhof in der Kälte. Das macht nicht unbedingt Spaß. Soll ja aber auch keinen machen. Wären nicht diese Wenigen, die immer wieder hinweisen auf Naziaktivitäten, blieben diese unwidersprochen und noch schlimmer: würden unbemerkt über die Bühne gehen.
Warum so Wenige? Der Widerstand gegen jene Naziaktivitäten wurde in der zurückliegenden Zeit gern diskreditiert, er sei sozusagen nicht mehr als die Begleiterscheinung der Nazis, ebenso gewaltbereit, also eigentlich nicht viel besser. So die Darstellung in den Medien. Wer bitte geht zu solchen Leuten hin? Genau. Wenige.
Nicht nur deswegen findet der Diskurs zum Thema „Nazis“ in Leipzig hauptsächlich medial statt. Oder anders: „die“ Zivilgesellschaft zeigt kein großes Interesse daran. Zwar gibt es Bürgerinis, linke Gruppen und Bündnisse, aber für alle gilt: sie erreichen – Wenige.
Und nicht zuletzt fehlt es an inhaltlichen Alternativen. Die Auseinandersetzung mit Nazis ist notwendig, konkretes Entgegentreten aber nur das Eine. Eine Aktivierung der Leipziger Zivilgesellschaft muß auch inhaltlich stattfinden. Es muß klar werden, wofür die sind, die gegen Nazis sind.
Leipzig ist nicht das „linke, weltoffene“ Paradies, welches es sein möchte (zumindest zweiteres). Dass Nazis sich hier festsetzen können, ist sozusagen Symptom. Eine „unpolitische“ Zivilgesellschaft ist das Problem.
Im Vorfeld …
Kommt zur Kundgebung! Kommt in Gruppen und informiert euch über gemeinsame Anreisemöglichkeiten!
Freitag, 13.3.2009, 18:00, Brandenburgerstraße – gegenüber vom Club „Lagerhof“ (nahe Hauptbahnhof)
Hintergrund/ Pressemitteilung des Ladenschluss-Bündnisses vom 11.3.2009
Am 13.03.09 soll im „Club Lagerhof“ nahe des Hauptbahnhofes Leipzig ein Rechtsrockkonzert mit der Band „Kategorie C — Hungrige Wölfe“
stattfinden. Diese erfreut sich nicht nur in Hooligankreisen, sondern sich auch bei Nazis größter Beliebtheit.
Der Brückenschlag zwischen Fußball und Rechtsrock gelang der Band seit Anbeginn ihres Bestehens. Der Werdegang der Band, sowie ihrer
Protagonisten, ist mehr als zweifelhaft. Auch heute weist die Band konkrete Beziehungen in die Rechtsrockszene auf.
Nach Einschätzung des niedersächsischen Verfassungsschutzes ist „ein Teil der Musiker […] dem rechtsextremem Spektrum zugetan“. 1999 beteiligten sich Kategorie C mit einem Lied an dem Sampler „Die Deutschen kommen II“, auf dem unter anderem auch die Rechtsrock-Bands Landser, Stahlgewitter, Kraftschlag und HKL vertreten sind. Am 31. März 2001 trat die Band auf einer Party zum 20. Geburtstag der Dortmunder Neonazi-Hooligantruppe Borussenfront um den bekannten Neonazi Siegfried Borchardt („SS-Siggi“) auf.
Neben der Band selbst bewirbt auch die Hooligangruppierung „Blue Caps LE“, deren Mitglieder in den letzten Jahren durch mehrere massive
Gewaltakte aufgefallen sind, die Konzert-Veranstaltung von „K.C.“. Dies lässt weitere Rückschlüsse auf die Fangemeinschaft der Band ziehen.
Im Oktober 2008 hatten die „Blue Caps LE“ zu einer Neonazidemonstration der „Freien Kräfte Leipzig“ unter dem Motto: „Unser Volk stirbt!
Volkstod aufhalten!“ am 25.10.2008 in Leipzig- Schönefeld aufgerufen. Der Oberligist 1. FC Lokomotive Leipzig hat sich daraufhin von der Fangruppe „Blue Caps“ distanziert und erteilte ihnen umgehend Stadionverbot.
Laut Band-Homepage veranstaltet „Kategorie C“ im März noch zwei Konzerte; auf absehbare Zeit wird es der einzige Auftritt von „K.C.“ in der Region sein. Auch deswegen ist zu erwarten, dass Nazis und gewaltbereite Hooligans von weither anreisen werden, um das Konzert der in diesen Kreisen sehr beliebten Band zu besuchen.
Aufgrund des recht klaren politischen Hintergrundes der Band „Kategorie C“, sowie der Gefährdung, die vom zu erwartenden Publikum ausgeht, gab es mehrfach Versuche Konzerte zu verbieten bzw. zu verhindern. So auch unlängst am 6.3.2009 in der Stadt Haltern, wo sich insbesondere der Bürgermeister gegen das Konzert stark machte und in Kooperation mit dem Betreiber absagte.
Das Bündnis „Ladenschluss“ hat mittlerweile Kontakt mit dem Clubbetreiber aufgenommen; in einem Telefonat tat dieser die Bedenken
mit den Worten: „es wird kein Nazikonzert geben, Kategorie C ist eine Fussballband“ ab. Jedoch zeigte er sich bereit, die Informationen zum
politischen Hintergrund der Band sowie zum zu erwartenden Publikum entgegenzunehmen und die Durchführung des Konzertes ernsthaft zu prüfen. Bisher reagierte der Club-Betreiber allerdings nicht auf eine E-Mail des „Ladenschluss“-Bündnisses, die Hintergrundinformationen enthielt. Auch telefonisch war er am heutigen Tag nicht erreichbar.
Inzwischen sind auch die städtische Fachstelle für Extremismus sowie die Polizeidirektion Leipzig über das Konzert informiert worden.
Dass eines der wenigen Konzerte der Band ausgerechnet im Zentrum des sich als „Stadt der Vielfalt“ bekennenden Leipzig durchgeführt wird, ist für das Bündnis „Ladenschluss“ Anlass lautstarken Protest zu äußern. Das Konzert, Band und Publikum sind an diesem konkreten Freitagabend nicht nur eine reale physische Bedrohung. Derartige Veranstaltungen festigen an und für sich auch die Szene und stärken die
vorhandenen, auch überregionalen Verbindungen zwischen den Fussballfan- und Naziszenen.
Das „Ladenschluss“-Bündnis fordert den Clubbetreiber weiterhin auf, das Konzert abzusagen!
Von Stadt und Polizei erwarten wir, sich für die Absage des Konzertes stark zu machen.
Das „Ladenschluss“-Bündnis selbst ruft zur Kundgebung „Kein Nazikonzert! Nirgends! Rassimus und Gewalt sind nicht unpolitisch!“ auf. folgen!
Weitere Informationen zur Band finden sich unter anderem auch hier:
Artikel „Fußball verbindet“ http://projekte.free.de/lotta/pdf/31/lotta31_kc.pdf
Artikel des „Netz gegen Nazis“ http://www.netz-gegen-nazis.com/lexikontext/kategorie-c
Artikel von „Turn it down“ http://www.turnitdown.de/59.html