Ladenschluss-Bündnis kritisiert die Einschränkung der Versammlungsfreiheit durch die Polizei und fordert bessere Kontrollmöglichkeiten der Staatsgewalt

Ob die „Staatsmacht außer Kontrolle“ ist, fragte das Ladenschluss-Bündnis im Rahmen zweier Veranstaltungen am 30.1. und 5.2.09 und knüpfte damit an Erfahrungen an, die bei den zahlreichen durch das Bündnis organisierten antifaschistischen Veranstaltungen im öffentlichen Raum gemacht wurden.

„Wir mussten im vergangenen Jahr beobachten, dass die Polizei Teilnehmer und Teilnehmerinnen unserer Demonstrationen und Kundgebungen mit aus unserer Sicht willkürlichen und illegitimen Maßnahmen belegte. Immer wieder wurden die, die ihr Grundrecht auf Demonstration wahrnehmen wollten, unverhältnismäßigen Kontrollen unterzogen, bei Demonstrationen wurde exzessiv videografiert oder Identitätsfeststellungsmaßnahmen mit Kamera vollzogen, was laut Sächsischem Polizeigesetz unzulässig ist. Platzverweise – ein erheblicher Eingriff in die Bewegungsfreiheit – sowie das „Einkesseln“ von Demonstrierenden, was einer Gewahrsamnahme gleichkommt – wurde beinah standardmäßig angewendet.“

Das Verwaltungsgericht stellte im Dezember 2008 fest, dass das Einkesseln und Durchsuchen einer Personengruppe, die gegen den Naziaufmarsch am 29.4.08 in Leipzig-Grünau protestierten, rechtswidrig war. Die Behinderung des Protestes durch die Polizei wurde in diesem Zusammenhang als Missachtung des Grundgesetzartikels 8 (Versammlungsfreiheit) gewertet.

„Auch wir bewerten das Vorgehen der Polizei gegen zahlreiche Demonstrationen im vergangenen Jahr als massive Beeinträchtigung der verbrieften Versammlungsfreiheit. Scheinbar sollen Menschen damit abgeschreckt werden, politischen Protest zu äußern.“

Das Ladenschluss-Bündnis fordert vor diesem Hintergrund die Einführung der Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte, damit sich Demonstrierende gezielt gegen Straftaten im Amt wehren können sowie die Einrichtung einer unabhängigen Polizeibeschwerdestelle mit umfangreichen Ermittlungsbefugnissen, die polizeiliches Handeln überwacht und z. B. Beschwerden über polizeiliches Handeln entgegennimmt und verfolgt. Außerdem schlägt das Bündnis die Kontrolle von Polizeieinsätzen durch Beobachter der Justiz oder des Parlaments vor. Dadurch könnte überzogenen, nicht rechtmäßigen Polizeieinsätzen schon vor Ort Einhalt geboten werden.
„Es ist ein Problem, dass sich Betroffene von Polizeiwillkür und -gewalt bisher nur im Nachhinein wehren können. Eine präventive Kontrolle der Polizei würde im Übrigen auch die Staatskasse entlasten, weil Gerichts- und Verwaltungskosten eingespart würden, die durch nachträgliche Verfahren entstehen.“

Abschließend ruf das Ladenschluss-Bündnis dazu auf, sich nicht durch die Erfahrungen mit Polizei-Einsätzen einschüchtern zu lassen: „Versammlungen unter freiem Himmel sind ein wichtiges Instrument der demokratischen Teilhabe. Die Aushöhlung dieses wichtigen Grundrechtes sowohl durch die polizeiliche Praxis wie auch durch legislative Entscheidungen darf nicht hingenommen werden! In Bayern und Baden-Württemberg wurde das Versammlungsrecht per Novellierung erheblich beschnitten. Nun sprach sich jüngst der sächsische Innenminister Albrecht Buttolo für eine Verschärfung des Strafrechtes aus, um der Polizei bei Demonstrationen mehr Eingriffsbefugnisse in der Hand zu geben. Wir werden das Recht auf Demonstration auch weiterhin nutzen!“

„Ladenschluss“ Aktionsbündnis gegen Nazis, Presseinformation vom 10.2.2009

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