Die Burschenschaft Germania Leipzig wird als eine extrem rechte Studentenverbindung eingeschätzt , die ihre Mitglieder aus verschiedensten Spektren der rechten Szene, von AfD und Identitärer Bewegung bis hin zur NPD rekrutiert. Im Juni 2020 veröffentlichten Sachsen-Anhalt Rechtsaussen und die taz Recherchen zu einem Netzwerk von zahlreichen Mitgliedern der Germania. Das Material, dass den Journalist*innen zugespielt wurde, beinhaltet Chatverläufe, die den Zeitraum von Anfang September 2015 bis Ende April 2016 abbilden.
Alles beginnt demnach mit der Gründung einer Facebook Gruppe sowie eines Chats am 7. und 8. September 2015. In der Gruppe “Endkampf” werden Links zu verschiedenen Gegenständen gepostet, die sich für die „Krisenvorsorge“ empfehlen, von Lebensmitteln und Gaskartuschen bis hin zu kugelsicheren Westen. Auch eine Sammelbestellung von Telekopschlagstöcken wird hier koordiniert. In dem gegründeten Chat “Zuflucht Beuden” organisiert sich der harte Kern. Es handelt sich dabei um die Ehepaare Jana und Jörg K. aus Beuden, Gunnar und Astrid G. aus Markkleeberg, sowie Michael S. und Danilo R. aus Leipzig. In dem Chat wird von den Mitgliedern für den “bevorstehenden Rassenkrieg” geplant. Dabei soll das Haus von Jörg und Jana K. in Beuden der Gruppe als Zufluchtsort dienen, in dem sie sich verschanzen können. In dem Chat wird gegen Geflüchtete gehetzt und man tauscht sich darüber aus, wie am besten Waffen beschafft werden können. Die Mitglieder horteten Lebensmittel, Medikamente, Stacheldraht und mehrere tausend Schuss Munition.
Wir befinden uns hier vor dem Landgericht Leipzig. Hier war bis Mai diesen Jahres unter anderem Axel Knoll, ein ehemaliger sogenannter Alter Herr der Burschenschaft Germania Leipzig als Richter tätig. Er wurde inzwischen an das Oberlandesgericht Dresden abberufen. Laut Recherchekollektiv Idas war Knoll zuvor “im Hauptberuf Staatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft Leipzig und […] dort auch für die Verfolgung politisch motivierter Straftaten zuständig”. Auch Knolls Name tauchte im Zusammenhang mit den Enthüllungen rund um die Gruppe ‚Zuflucht Beuden‘ auf. So berichtet Idas weiter, dass Knoll „[…] gut bekannt mit [Michael S. ist] und […] sogar zu dessen Hochzeit eingeladen [war]”. Michael S. ist ebenfalls “Germane” und war einer der Wortführer in der Chatgruppe “Zuflucht Beuden”, wie Recherchen von Sachsen-Anhalt Rechtsaußen zeigen. Schuster ist ein rechter Netzwerker und arbeitete unter anderem für die sachsen-anhaltinische Landtagsfraktion der AfD. Die Stimmung unter den Mitarbeitern beschreibt er als “ausgelassen hitleristisch”. In seiner Freizeit besucht Schuster zudem offenkundig gern Konzerte von Nazi Bands wie der “Lunikoff Verschwörung” und lässt sich bei der Gelegenheit auch gerne mit dem Sänger Michael Regener fotografieren.
Richter Knoll befand sich auch in einer Mailingliste der Germania, über die Rechtsanwalt Christopher L., dessen Arbeitsstätte wir in der Thomasgasse 2 wir bereits besucht haben, seine E-Mail versandte, in der über einen möglichen Angriff auf eine Linke Landtags- und Stadtratsabgeordnete beziehungsweise ihre Eltern beraten wurde. Als Knoll von einem Reporterteam von MDR-Exakt zu diesen Vorgängen befragt wurde, antwortete dieser, er habe zwar „Germanen-Mails“ erhalten, die Mail mit Bezug auf [die Abgeordnete] jedoch nicht „zur Kenntnis genommen.“ In diesem Interview erklärte er auch, mittlerweile aus der Burschenschaft ausgetreten zu sein, wohl wegen der jüngsten Skandale um sie. Seine Amtskolleg*innen setz-t-e er über die dortigen Vorgänge wohl jedoch nicht in Kenntnis. Knolls Austritt dürfte erst um den Zeitraum der Enthüllungen herum geschehen sein, denn bei Fotos, die beim Mensurtag des Waffenrings Halle am 30. November 2019 entstanden wurde er von Sachsen Anhalt Rechtsaußen noch als Fotograf benannt.
Trotz der Tatsache, dass Knoll sicherlich nicht zu den unangenehmsten Gestalten innerhalb der Burschenschaft gehörte muss doch einmal mehr gefragt werden, wie sehr der sächsische Justizapparat mit rechtsoffenen und rechtsradikalen Beamten durchsetzt ist. Ob nun ein ehemaliges Mitglied der Burschenschaft Germania als Richter, ein vorbestrafter Neonazi als Rechtsreferendar am Amtsgericht Chemnitz, ein Leipziger Justizbeamter, der erst zwei Jahre nach seiner Beteiligung am Angriff auf Connewitz suspendiert wird, und Kameraden auf der anderen Seite der Zellentür betreut und sie vielleicht sogar mit Telefonen versorgt oder ein ehemaliger Dresdner Justizbeamter, der aus rassistischen Motiven einen Haftbefehl veröffentlich-t- und einen Gefangenen verprügelt haben soll – diese Personalien bieten einiges an Erklärungspotential für die offenkundige Milde der hiesigen Justiz gegenüber neonazistischen Gewalttätern. Beispielhaft zeigt sich das an den Urteilen gegenüber den Tätern des Angriffs auf Connewitz am 11.01.2016 aber auch regelmäßig gegenüber rechten Mördern, wie etwa den Mördern von Kamal K. und Nuno Lourenco.