Gegen die ungestörte Präsentation faschistischer Ästhetik – Kritik an Neofolk-Festival „Runes & Men“ am 4./ 5.10.2013 in der Theaterfabrik in Leipzig

Am 4. und 5. Oktober 2013 wird in der Theaterfabrik Leipzig das Festival „Runes & Men” stattfinden. Nachdem in der „Theater Fabrik Sachsen“ rechtsoffenen Neofolk-Bands schon des Öfteren eine Bühne geboten wurde, soll dies an jenem Oktober-Wochenende geballt geschehen. Schon der Name des Festivals ist Programm: „Runes & Men“ ist der Titel eines der bekanntesten und beliebtesten Songs der zentralen rechten Neofolk-Band Death in June.

Pressemitteilung des Ladenschluss-Bündnisses vom 29.9.2013

Auf der Bühne wollen sich u. a. die Bands Sol Invictus (London), Darkwood (Leipzig) und Sonne Hagal (Rathenow) ein Stelldichein geben. Alle drei Bands präsentieren immer wieder ästhetische und inhaltliche Anleihen an den Faschismus, die nicht kritisch kontextuiert oder kommentiert werden. So schaffen sie eine Grauzone, die Anknüpfungspunkt sowohl für Menschen mit romantisch-antimodernen Weltbild als auch für Neonazis ist. Es ist sicher kein Zufall, dass sich bei entsprechenden Konzerten zahlreiche AnhängerInnen von NPD und Freien Kräften tummeln.

Die Theaterfabrik im Stadtteil Leutzsch hat sich in den letzten Jahren zur festen Adresse für die rechtslastige Neofolk-Szene gemausert. Im Jahr 2011 gaben sich die umstrittenen Bands Blood Axis, Sol Invictus, Dernière Volonté und Fire + Ice sowie 2012 Sonne Hagal und Kirlian Camera die Ehre. Im April letzten Jahres wurde hier das Buch „Verborgen unter Ruinen“ des Italieners Aldo Chimenti über die Neofolk-Band Death in June vorgestellt, BesucherInnen erhielten ein „Gratis-Shirt“ der umstrittenen Band.

Allen diesen Bands ist ein bewusster Verzicht auf Brechungen, Ironisierungen, Übertreibungen oder Kontextuierungen der vorgetragenen faschistischen Symboliken und Formen gemein. Das führt zur Propagierung und gesellschaftlichen Reetablierung menschenfeindlicher Ideenwelten und birgt die Gefahr der Verherrlichung zentraler Motive der faschistischen Weltanschauung in sich: die Gefahr, die Nation als natürlich gewachsenes, kulturell homogenes Gebilde misszuverstehen und zu idealisieren, traditionelle Bindungen und reaktionäre Abhängigkeiten gegen die vermeintlich zerstörerische Moderne – also hierarchische Abhängigkeit gegen das Leitbild von Freiheit und Gleichheit – zu setzen. (1)

„Wir fordern die Theaterfabrik auf sich dieser Kritik endlich zu stellen und eine ernsthafte Auseinandersetzung voranzutreiben anstatt sich wie in der Vergangenheit in oberflächlichen Abwehrreflexen zu ergehen. Wir erwarten, dass KünstlerInnen, die die Theaterfabrik für ihre Darbietungen nutzen, eine Positionierung einfordern und sich damit selbst positionieren.“ so Stefanie Kesselbauer, Pressesprecherin des Ladenschluss-Bündnisses.

Die Kritik der unkritischen Präsentation faschistischer Ästhetik betrifft jedoch nicht nur die Theaterfabrik.

Vor kurzem ist mit dem Atelier Abraxas ebenfalls in Leipzig Altwest, in der Georg-Schwarz-Straße 4, ein neuer Veranstaltungsort entstanden, in dem und aus dem heraus in kurzer Zeit zwei Neofolk-Konzerte organisiert wurden. Diese fanden jeweils sehr konspirativ statt, was offensichtlich KritikerInnen den Zugang erschweren sollte. (2)

„Kunst bewegt sich immer in einem gesellschaftlichen Kontext und hat damit eine gesellschaftliche Verantwortung. Indifferenz gegenüber oder gar Verherrlichung faschistischer Ideenwelten dürfen nicht mit dem Plädoyer für künstlerische Freiheit legitimiert werden.“

Wir fordern, dass der Präsentation faschistischer Ästhetik in Leipzig ein Ende gesetzt wird. Eine angemessene Konsequenz wäre die Absage oder mindestens kritische Begleitung von „Runes & men“.“ so das Ladenschluss-Bündnis abschließend.

Fußnoten:

(1) Detaillierte Informationen zu den Bands und der Theaterfabrik finden sich in dem Text „Runen und Männer, Kunst ist Kunst? oder die Normalisierung faschistischer Ästhetik in Leipzig“, Mai 2013
https://ladenschluss.noblogs.org/2013/05/08/runen-und-manner-kunst-ist-kunst-oder-die-normalisierung-faschistischer-asthetik-in-leipzig/

(2) Es handelte sich dabei um folgende Konzerte:

– 31.08.2013, Schlosspark Knauthain: Changes, Die Weisse Rose, Sangre De Muerdago (abgesagt), Fahl

– 21.09.2013, Atelier Abraxas: Der Blutharsch and the infinite church of the leading hand, Deutsch Nepal, Jastreb

Beim vom Atelier Abraxas präsentierten Konzert im Schlosspark Knauthain war der Merchandise-Handel Lichterklang vertreten, der mit Schriftzügen wie „Jedem das Seine“ oder der so genannten Schwarzen Sonne, einem ebenso eindeutig zuzuordnenden Symbol der rechten Szene, wirbt.

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